dmonten

Da bin ich also in Edmonten. Vierspurig fahre ich auf die Skyline zu, die geprägt wird durch fünf hochaufragende Hochhäuser.

Doch zunächst benötige ich einen Tim Hortens oder irgendeines dieser Fastfood Restaurants denn mir scheint es als sei der Kaffee, den man hier serviert bekommt der reinste Treibstoff. Meine Nieren werden jedenfalls einmal richtig durchgespült. Das erste Tim Hortens erweist sich als reines „Drive Through“. Doch da sehe ich eine Leuchtreklame „Sports Bar, fully licenced“. Egal ob full oder gar nicht, ich bin jedenfalls randvoll und das muss sich schnellstmöglich ändern. Nachdem das dann erledigt war, nutze ich die Gelegenheit und bestelle mir an der Bar einen Caesar. Links neben mir sitz ein Mann, der recht trübsinnig in sein leeres Bierglas schaut und sich dann doch noch eins bestellt. Einen merkwürdigen Dialekt glaube ich heraus zu hören, doch als er ein Gespräch mit mir beginnen will merke ich, dass auch er randvoll ist, aber sind es bei ihm andere Organe die von dieser Völle betroffen sind. Ich vermeide es, auf sein Gesprächsangebot einzugehen und ziehe es stattdessen vor zu bezahlen. Zwanzig Minuten sind es jetzt noch bis zu dem von mir ausgewählten Campingplatz. Eine Strecke, die sich erneut als Herausforderung erweist, der Kaffee hat bereits seine schon wieder einen Höhepunkt seiner Triebwirkung erreicht. Bevor ich noch nach einem freien Plätzchen für meinen Bus und mich fragen kann kommt daher die gequälte Frage nach einem Washroom. Wenigstens damit konnten sie mir helfen, einen Platz hätten sie jedoch nicht mehr. Der nächste Platz ist nicht weit. Zehn Minuten und ich bin da. Er ist so hässlich wie bei iOverlander beschrieben, doch was solls. Sie haben eine Toilette, das war für’s erste das Wichtigste. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt erreicht, um mich mit meinem Hausarzt in Verbindung zu setzen, bevor ich morgen völlig dehydriert wie eine Papierskulptur in meinem FidiBus gefunden werde.

Besonders schade ist es, dass ich von hier aus keine Möglichkeit habe in die Stadt zu gelangen um am Geschehen des Canada-Days teilzuhaben. Bus oder andere öffentliche Verkehrsmittel gibt es hier nicht und Taxi ist zu teuer. Immerhin sind es bis in die Innenstadt vierundzwanzig Kilometer.

Als Kleinen Trost gibt es hier auf dem Platz wenigstens auch ein Feuerwerk. Auf den Schlag um elf geht es los. Es ist schon beeindruckend, was da so in den Himmel geschickt wird. Kaum ist die letzte Rakete gezündet ist die Wiese auf der sich Alt und Jung versammelt haben leer. Das Restaurant und die Bar bleiben geschlossen und das es jetzt zu regnen beginnt, ist da nur konsequent. Ich gehe ins Bett.

Das Getrommel des Regens auf dem Dach meines FidiBus weckt mich früh. Einmal wach, gehe ich duschen und mache mich fertig. Sightseeing in Edmonten steht auf dem Programm. Die Stadt erweist sich als eine einzige Baustelle und es regnet, unablässig. Wie trist eine Stadt bei Regen wirken kann, die doch sonst so bunt ist. Geprägt durch seine Universität sollte sie vor Leben sprühen, doch doch die Zelte und Foodtrucks, die zum Canada-Day aufgebaut wurden sind verlassen. Das Personal hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Herde und Grills in Betrieb zu nehmen. Ich gehe in ein Kaffee und bin überrascht. Es ist warm gemütlich und freundlich und hier ist es das Leben, das ich draußen vermisste. Es sei gestern richtig was los gewesen in der Stadt. In jedem Lokal war Musik, auf den Straßen und Plätzen gab es Live-Musik und so erzählte mir carol, die Bedienung, die Straßen waren später voller Betrunkener. Na ja, ich gehörte jedenfalls nicht dazu. Ach ja, die Sache mit den Namen: Es ist immer eine der ersten Dinge, die geklärt werde. Hi, I’m Carol. How are You. Wenn man dann in der Erwiederung seinen Namen nicht erwähnt, dann wir eben gefragt. Irgendwie ist das ganz angenehm. Da gibt es kein Rumgeeiere, wie man die Bedienung ansprechen soll. Miss, Misses, Lady, hey Girls oder was einem vielleicht noch so einfallen könnte, stattdessen ein freundliches „Hey Carol, please….“ und alles ist in Ordnung.

Edmonten, Museum of Modern A
rts

Der Regen hat in der Zwischenzeit nachgelassen und so so mache ich mich wieder auf den Weg. Zuerst das RAM, das Royal Alberta Museum, das heute zu Feiertag gefüllt ist mit Familien und kleinen, zwischen den Saurierskeletten

herumtobenden Kindern. Es wollte keine rechte Museumsstimmung aufkommen, also versuchte ich es mit der Artgallerie, die schon durch ihre eingenwillige Architektur ins Auge sticht. Leider wegen Umbau geschlossen! Dann eben die Pyramiden des Muttard Conservatory auf der anderen Seite des North Sasketchewan River meinen kulturellen Hunger stillen. Vier Glaspyramieden beherbergen unterschiedliche Lebensräume für Pflanzen aus tropischen, Ariden, gemäßigten Zonen sowie in einer Pyramide Pflanzen die man in unterschiedliche Szenarien gesetzt hat. Die Pyramiden der tropischen Pflanzen war geschlossen, da sie für eine Hochzeit gemietet wurde. Debby, die Dame an der Kasse lässt sich jedoch dazu überreden, mich für eine viertel Stunde, bis das Hochzeitspaar eintrifft, durch die tropischen Pflanzen zu wandeln. Ich liebe den schweren Duft dieser exotischen und farbenprächtigen Blüten.

Die Pyramiden des Muttard
Conservatory

Das Parlamentsgebäude, eine weitere Sehenswürdigkeit auf meiner Liste ist verborgen und wüsste ich es nicht besser, so hätte ich vermutet, das Christo dieses Gebäude ausgewählt hat, um es mit weißen Tüchern zu verhüllen. Die Wahrheit jedoch ist weitaus profaner. Baustelle!

Von hier bis zur Jugend-

herberge, die mir vor meiner Mackenzie Tour ein Nachtquartier bot ist es nicht weit. Es sind nur ein paar Blocks und der Wunsch alte Erinnerungen wiederzubeleben zog mich magisch dorthin. Ja, sind steht noch genau dort und sieht auch noch genauso aus, wie ich sie in Erinnerung habe. Was habe ich mich vom Greyhound-Busbahnhof bis hierher gequält. Erneut laufe ich den Weg um die Qual nachzuvollziehen noch einmal. Dieses Mal halt von der Jugendherberge zum Busbahnhof und… er ist nicht mehr da. Dort wo er war ist nun ein Drugstore. Der Busbahnhof ist in nach Downtown umgezogen, erklärte mir ein vorüber gehender Mann, den ich danach fragte.

Es war ein langer Tag mit viel Herumgelaufe und ich habe mir ein Bier in einer der Studentenkneipen redlich verdient. Aus dem einen Bier wurden zwei, denn das Gespräch mit Sam, einer dunkelhaarigen sehr hübschen Bedienung machte Spaß. Sie studiert Kunst und verdient sich hier ihr Studium. Dass ich durch alle Provinzen Kanadas reise erfüllt Sam mit Erstaunen. Sie ist nahe von Edmonten aufgewachsen, war schon in British Columbia und Sasketchewan, aber mehr hat sie von Kanada noch nicht gesehen. Aber in Europa war sie schon einmal, in Griechenland. Sie arbeitet gerne hier, es sei immer gute Stimmung. Ihr Freund wäre jedoch sehr eifersüchtig, da sie hier so viele Männer trifft. Doch damit müsse er sich abfinden. Sie findet’s toll.

Tja der arme Freund!

Heute noch weiterzufahren macht keinen Sinn, es ist acht Uhr und ich mag nicht mehr. Ganz in der Nähe ist ein Walmart, der einen Teil seines Parkplatzes für Übernachtungen bereit hält. Als wieder mal Walmart. Wenigstens gibt es hier Toiletten, die die ganze Nacht geöffnet sind. Ich bin nicht allein. Zwei PKWs und ein großes Wohnmobil stehen schon da. Am nächsten Morgen erfahre ich dass die PKWs zu einem Plumber und einem Mann auf Durchreise gehören. Der Eine sucht Arbeit, der andere fährt zu einer Krebsbehandlung nach Montreal. Den Zug oder ein Hotel kann er sich nicht leisten. Seine Tochter hat ihm schon das Geld für die Behandlung vorgestreckt.

Die Familie im Wohnmobil erklärt mir, sie machten hier über das Canada-Day Wochenende Urlaub. Na ja, wer’s mag….

Ich mache mich jedenfalls auf den Weg. Die Landschaft wird jetzt lieblicher. Flache Hügel, dichte, gesunde Wälder und dazwischen grüne Wiesen. Das Land ist von der Landwirtschaft geprägt. Aber noch etwas anderes bekomme ich jetzt immer häufiger zu sehen. Das womit Alberta seinen Reichtum verdient. Gas- und Ölförderanlagen.

An meiner Strecke liegen zahlreiche Provincial Parks, die zum Wandern einladen. Ich habe Zeit und sicher werde ich eine schöne Tour finden. Allerdings muss ich hier nicht nur mit Bären sondern auch mit Cougas rechnen, die zumindest ebenso gefürchtet werden wie die Bären. Es ist eine Panterart, die hier recht häufig anzutreffen ist. Bei einer Begegnung nicht schreien, nicht rufen, ihnen nie den Rücken zuwenden, nicht in die Augen schauen, Unterwerfungshaltung einnehmen und langsam rückwärts verschwinden. Das sind die Verhaltensregeln für den Fall einer Begegnung.

Wäre doch gelacht, wenn die sich nicht zur Not auch von Bärenspray beeindrucken ließen.

In meinem Bus werde ich jetzt aber gleich wieder sicher und tief schlafen und morgen sehen wir weiter.