Mit dem Bulli durch's Land der Bären und Wölfe

Monat: Oktober 2022

Deutschunterricht

Die vergangene Nacht verbrachte ich nicht weit von Toronto entfernt auf einem Truckstopp. Es war noch nicht dunkel und nutzte hier die Zeit im Restaurant um die Bilder von meinen Fotos auf den Server zu laden und für die Gallerie meines Blogs aufzubereiten. Es ist ein zeitaufwändiges Verfahren und als ich endlich damit fertig bin ist es draußen dunkel und hier im Restaurant werden die Stühle auf die Tische gestellt. Es wird nun gänzlich ungemütlich und ich ziehe es vor, in meinen FidiBus zurückzukehren. Hinter mir parken einige Trucks und ich ahne, dass sie mir die Nacht verderben werden. Nicht nur, dass die Generatoren der Kühlaggregate ohne Unterlass brummen, sondern auch die Motoren der schweren Zugmaschinen bringen mich um meinen Schlaf. Eine Weile halte ich mir den Lärm mit meinen Kopfhörern vom Leibe. Ohne Ton schalte ich die die elektronische Lärmunterdrückung ein und schlagartig habe ich Ruhe. Doch mit den sperrigen Dingern auf dem Kopf zu schlafen ist auch nicht so einfach und irgendwann muss ich mich zwischen Lärm und Unbequemlichkeit entscheiden und ich entscheide mich für den Lärm. Der erste zarte Lichtschein kündet von dem neuen Tag. ich mache mich fertig für die nächste Strecke, die von dem autobahnmäßig ausgebauten Highway abweicht und über schmale Nebenstrecken, durch abwechslungsreichen Wälderund Sumpfgebiete nach Osten führt. So langsam habe ich mich an die strahlenden Herbstfarben gewöhnt. Meine Fotostopps werden nun weniger aber auch heute schaffe ich keine zweihundert Kilometer. Am späten Nachmittag komme ich in Flesherton an, einem kleinen Städtchen, hinter dessen Bibliothek zwischen überdachtem Marktplatz und einer großen Wiese ein geeigneter Platz zum Übernachten sein soll. Nun, so komfortabel wie beschrieben ist er nicht und auch das WLan ist nur erreichbar, wenn mann unmittelbar vor der Bibliothek steht. Aber ich bin ohnehin nicht in der Laune meinen Blog zu aktualisieren oder mir Informationen aus der Welt anzuschauen. Obwohl ein leichter Nieselregen eingesetzt hat, möchte ich mir noch ein wenig die Füße vertreten. Beim letzten Einkauf vergaß ich die Schlagsahne für mein Abendessen und so mache ich mich auf den Weg in die Stadt. Der Regen beginnt einen spiegelnden Film über die Straße zu legen und die einsetzende Dämmerung legt einen feuchtgrauen Schleier über die Häuser. Nur wenige Minuten und es fühlt sich so an, als als würde der Regen direkt durch meine Jacke und mein Hemd auf die Haut treffen. Es ist kalt.

Hauptstraße von Flasherton

Der kleine Laden ist ist einer wie man ihn hier in Kanada noch häufig trifft. Ein General Store, wie ich ihn auch bei uns aus meiner Kindheit noch kenne. Neben Lebensmitteln findet man Angelruten, Werkzeug, Kettensägen, Nähzeug und das Wichtigste, was man in einem Haushalt benötigt.

Kolonialwarenladen das kulturelle Zentrum in Flasherton

Die Frau hinter der Theke ist jung, eigentlich ist es wohl eher ein Mädchen. Ich schätze sie zwischen vierzehn und sechzehn Jahre. Als sie meinem suchenden Blick folgt, fragt sie mich ob ich klar komme oder ob sie mir helfen könne. Ich benötige Schlagsahne erkläre ich ihr und sofort kommt sie hinter ihrer Theke hervor, stellt sich mir als Cat oder Kat oder was auch immer sich hinter dieser Kurzform verbirg vor und geht mit mir an ein Kühlregal. Wofür ich die Sahne benötigte, denn es gibt ja verschiedene Sorten, gesüßt, fett, halbfett mager und vegan „I’m gona cook Sahnegeschnetzeltes und Spätzle“. „What?“ „Sahnegeschnetzeltes und Spätzle“. ‚Was ist das?‘ möchte sie wissen und ich erkläre es ihr. Wo ich herkäme möchte sie nun von mir wissen und als ich ihr erkläre dass ich aus Deutschland komme folgt die Frage ‚Ist das ein typisch deutsches Essen?‘ Irgendwelche Angehörigen ihres Vaters seien auch aus Deutschland aber sie kenne sich nicht aus mit deutschem Essen. Und dann erzählt sie mir, dass sie auch einmal nach Deutschland reisen möchte, da gäbe es doch diese schönen alten Häuser und Kuckuksuhren. Sie hätte auch gehört, dass dass man in Deutschland „Judelsongs“ hätte. Ich begreife nicht, was das sein sollte und so versucht sie es mir vorzusingen, wobei sie eine recht undefinierte Tonfolge mit den Rufen „Jahoodle, Jahoodle, Jahoodle begleitet. Da bgreife ich, dass sie „Jodeln“ meint. Also überrasche ich sie mit einem anderen volkstümlichen Kunststück, mache ihr vor, was ein Schuhplattler ist und sie lacht sich schlapp, als ich meinen Vaithstanz mit einem Juchzer beende. Ein junger Mann mit Rauschebart tritt durch die Tür und ich sehe ihm an, dass er nicht weiß, was er davon halten soll. Wir beenden unsere Einführungslektion in grundlegendes deutsches Kulturgut und ich komme auch nicht mehr dazu ihr zu erklären, dass dies natürlich nur in einem kleinen Teil Deutschlands praktiziert wird. Cat oder Kat wendet sich sich dem jungen Mann zu. Sie berichtet ihm, dass ich aus Deutschland käme und schon folgen die Fragen, die ich nun schon auswendig kenne. Wobei immer wieder die Erklärung, dass ich mein eigenes Auto aus Deutschland nach Kanada verschifft habe für Erstaunen sorgt. Als ich den Laden verlasse ist es dunkel. Ich entdecke eine jener kleinen Brauereien, die es in beinahe jedem größeren Ort gibt. Mit bester Laune beschließe ich den Abend mit einem Bier zu beenden. Der junge Mann darf meine Bestellung nicht notieren, da er noch keine sechzehn ist und so bringt mir die Mum die Getränkekarte. Den Weg zum FidiBus lege ich im Trockenen zurück. Es war ein verrückter Abend.

Wieder daheim

Die folgenden Beiträge schreibe ich, während ich schon wieder zuhause bin. Für die letzten Tage in Kanada war Eile geboten und ich wollte die verbleibende Zeit nicht damit verbringen von einem Fast Food Restaurant zum nächsten zu hetzen oder gar für ein Free WiFi vom rechten Kurs abzuweichen.

Doch ich verspreche hoch und heilig, ich werde euch weiter mitnehmen, bis ich meinen Fuuß über die Schwelle meines Hauses setze.

Zu Fuß nach Manitulin Island

Beim Frühstück erzählt mir Mayken von ihren Quilts, die sie in ihrer freien Zeit näht und ich kann sie dazu bewegen mir einige davon zu zeigen. Selbst als Mann der sich nie mit Handarbeiten befasste, erkenne ich die hohe Qualität dieser bunten, aus hunderten einzelnen Stoffteilen zusammengenähten Decken. Ich bin schwer beeindruckt. Doch dann heißt es auch hier wieder Abschied zu nehmen.

Mein heutiges Ziel ist Tobermory ein Fischerort und Fährhafen, von dem aus ich doch wenigstens für ein paar Dollar mit der Chi Cheemaun, der Fähre, mit der man in eineinhalb Stunden quasi zu Fuß Manitoulin Island erreichen kann. Ich erreiche die letzte Fähre, mit der ich auch wieder nach Toberory zurückkomme gerade rechtzeitig. Man treibt mich zur Eile, denn die Fähre ist abfahrbereit. Ich soll bei Sara rasch ein Ticket kaufen und sofort an Bord gehen. Für neunundzwanzig Dollar verkauft Sara mir also das Ticket und ich hechte an Bord. Kaum bin ich auf der Fähre, da verfinstert sich der Himmel dramatisch und es gießt was das Zeug hält vom Himmel herab. Na ja, dann genieße ich einfach eine Fahrt auf dem Lake Huron bei Unwetter.

Regen auf der Fähre nach Manitoulin Island

Zurück in Tobermory stelle ich fest, dass es ich um ein hübsches kleines Hafenstädtchen handelt. Die Straßenbeleuchtung spiegelt sich auf der regennassen Straße und aus der örtlichen Brauerei dringt das warme Licht nach draußen. Da muss man doch glatt einmal hinter die Türe schauen. Gesagt getan und dieses Mal sprach mich eine Frau an. Ihr gefiel meine Hose. Es war eine jener Marken, die ich seit meiner Zeit als Geologe bevorzuge und die von einem kleinen Lederfuchs an der Seite geziert wird. Hmm, hätte sie nicht ihren Partner dabei, würde ich meinen, das es sich um den Beginn eines schönen Abends handelte, aber ja, da ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Nachdem das Thema der Vorzüge dieses fröhlich olivgrünen Kleidungsstückes also ausreichend besprochen war, bemerke ich, dass nicht nur mein Glas, sondern auch das Gespräch leergelaufen ist. Mit Eleganz erhebe ich mich vom Barhocker und strebe durch die Tür in die Kälte meinem Fidibus entgegen. Mein nächstes Nachtlager erreiche ich nur wenige Minuten später. Es liegt im Bruce Penninsula National Park in dem außer ein paar wenigen Wanderern kaum noch Menschen übernachten.

Ich schiebe am Morgen die Vorhänge meines Fensters zur Seite. Das Wetter ist ein Zwischenzustand zwischen Nebel und Nieselregen und eigentlich wollte ich doch noch eine Tour entlang der Küste machen, wo es eine Felsengrotte geben soll. Ich kämpfe gegen meinen inneren Schweinehund, diskutiere die Vor- und Nachteile meines Vorhabens und bemerke, dass ich solche stillen Diskussionen inzwischen bereits auf englisch führe. Nach dem Frühstückskaffee ist die Diskussion entschieden. Das Regenzeug wird eingepackt und dann gehe ich los um in Verbindung zweier Trails den Wald und die Küste zu erkunden. Nach wenigen Minuten verziehen sich die Wolken und die Sonne kommt hervor. Der Wald ist still.

Sitzt da nicht jemand am Boden?

Die Vögel haben ihre Brutzeit wohl hinter sich und sind bereits in ihr Winterquartier aufgebrochen. Nur das Rascheln des Blätterwaldes mischt sich mit dem entfernten Rauschen des Sees. Bald ist es zu einem regelrechten Tosen angeschwollen und dann erreiche ich die Steilküste des Sees und blicke hinab auf Wellen, die ich nur in einem Ozean erwartet hätte. Es ist gewaltig.

Es ist nicht der Ozean sindern der See Lake Huron. Bruce Penninsula Island
Felsenbogen / Bruce Penninsula Island
Grotte / Bruce Penninsula Island

Die Grotte erweist sich als nicht sehr spektakulär. Dafür werde ich mit einem wunderschönen Wald und den sich mir immer wieder bietenden Ausblicken auf den See belohnt. Am Nachmittag bin ich dann wieder bei meinem FidiBus und wir starten Richtung Südosten. Von nun an fahre ich über kleinste Nebenstraße durch den Herbstwald, vorbei an malerischen kleinen Siedlungen, statte dem McMichael Museum noch einen Besuch ab, in dem unter Anderem die Gruppe der Sieben ihre Eindrücke Kanadas in Bildern und Skizzen festgehalten haben.

Herbstwald, eine Dorfstraße

Ich schenke mir Toronto, möchte lieber etwas früher in Quebec sein und auch bis dahin habe ich noch gut zwei oder drei Tage zu fahren. Die Highways durch Toronto sind gewaltig. Auf zehn Spuren drängen die Autos dicht an dicht in die Stadt hinein und wieder heraus und so bin ich froh, als die Stadt hinter mir lasse

Grenzüberschreitung

Bis zu Mayken sind es noch einige hundert Kilometer. Es ist mir bewusst, dass ich die Strecke keinesfalls an einem Tag bewältigen werde. Und so führt mich mein Weg zunächst nach Sault Ste. Marie. Von unterwegs buche ich einen Platz auf einem Campingplatz direkt am Kanal und den großen Schleusen, die den Lake Superior mir dem Lake Huron und dem Lake Munuscong verbinden. In Sault Ste. Marie wies mir mein Navi den Weg nach Süden und somit auf die andere Seite der Stadt, die auf US-Boden liegt. Das war ganz und gar nicht so gedacht. Doch ein Blkick auf die Karte zeigte mir, dass ich ich bei der Buchung tatsächlich nicht bemerkte, dass der Platz auf der falschen Seite meiner Reise liegt. Um zu wenden ist es zu spät und schon stehe ich am USA-Grenzhäuschen. Nein, ich habe kein i45-Formular ausgefüllt und ich habe auch kein ESTA-Visum. Was nun. Offensichtlich hat der Grenzbeamte keine Lust oder es ist kurz vor seinem Feierabend, jedenfalls öffnet er die Schranke und winkt mich durch. Aha, denke ich man kommt also auch auf diesem Wege einfach und unkompliziert in die USA. Der Campingplatz ist einer jener Plätze, die hauptsächlich den riesigen Mobilehomes und Trailer vorbehalten sind und so komme ich mir mit meinem vergleichsweise zwergenhaften FidiBus etwas verloren vor. Nun ja, für eine Nacht ist es okay.

Algoma Stahlwerk in Sault Ste. Marie
Blick von der US-Seite nach Sault Ste. Marie und die Grenzbrücke im Hintergrund

Früh am Morgen packe ich meine sieben Sachen, genieße die heiße Dusche, unterhalte mich mit dem Personal des Platzes und dann mache ich mich auf die Suche nach einem Liquor-Store um den Eierlikör für Stefan und Tanja kaufen, den man in Nova Scotia nicht bekommt. Außerdem möchte ich wissen, weshalb meine Prepaid-Karte keine Verbindung aufbauen kann. Sie ist doch gerade erst wieder geladen worden. In der Mall von Sault Ste. Marie finde ich einen TELUS- Laden und nach einigem Hin-und Her. Probierten wir es mit einem Neustart meines Telefons. Siehe da, brav logte es sich ins Netz an und verrichtete fleißig seinen Dienst. In einem Telefonat mit Mayken stellt sich heraus, dass ich für die Fähre von Manitoulin Island nach Tobermory in den nächsten Tagen kein Ticket mehr bekomme und so muss ich den Highway entlang des Ostufers des Lake Huron wählen. Schade, denn Manitoulin Island wäre ein schönes Tagesziel gewesen und ich hätte gern dort noch eine Nacht verbracht.

Die Weiterfahrt ist dennoch sehr schön und passend zum goldenen Herbst passiere ich auf dem Weg einige der größten Goldminen Kanadas.

Gegen Mittag erreiche ich Sudbury. Hier gab es die größte Nickelmine Kanadas, die man als Teil des Museumsprogrammes „Dynamic Earth“ befahren kann. Doch nicht nur Nickel machte die Stadt berühmt, sie ist auch geologisch bekannt, da sie im so genannten Sudbury Basin liegt, einer Senke, die vor fast zwei Millionen Jahren durch den Einschlag eines Meteoriten entstanden ist. NASA-Astronaut wurden hier an dem Gestein ausgebildet um darin die typischen Strukturen solcher Ereignisse zu erkennen um sie dann auf dem Mond identifizieren zu können.

Das Museum Science North mit seiner Attraktion Dynamic Earth möchte ich nicht verpassen. Gegen Mittag stelle ich den FidiBus auf den Parkplatz des Museums und erlebe an der Kasse die erste Enttäuschung. Der Besuch des Stollens ist nicht möglich. Die Saison ist beendet und so ist dieser Bereich des Museums geschlossen. Das übrige Museum ist eher ein Erlebnismuseum für Kinder und Jugendliche, die hier interaktiv und in Seminaren naturwissenschaftliche Erkenntnisse sammeln. So blieb als einziges Highlight das Erlebnis des 3D iMaxx Kinos, wo ich mir einen Film über die Asteroidenjäger anschaute in dem sehr Anschaulich die Bemühungen der Weltraumunternehmen gezeigt wurden um möglicher Asteroideneinschlage, wie den der den Trog von Sudbury erzeugte, abzuwehren. Das jüngste Beispiel ist der Aufprall der Sonde DART in den Asteroiden Didimos.

Es wird dunkel und der Weg führt mich weg vom Highway auf kleinere Nebenstraßen. Teils sind es nur geschotterte Pisten. Es stinkt nach nach frisch gejauchten Felden und Schweineställen. Und dann stehe ich um neun Uhr am Abend vor Maykens Haustüre und obwohl ich sie zuvor nur einmal zu Heidruns Hochzeit traf, fühle ich mich wie zuhause bei alten Freunden. Wir sitzen an der Küchentheke, trinken ein – oder waren es zwei Gläser Wein und im Handumdrehen ist es halb zwölf. Zeit ins Bett zu gehen.

Feuer und Eis

Als nächstes steht auf meinem Plan ein Besuch bei Heidruns Cousine Mayken. Sie lebt nahe Toronto in Listowel, doch bis dahin habe ich noch drei Tage Fahrt vor mir. Von Thunder Bay aus starte ich recht früh. Die Fahrt entlang am Ufer des Lake Superior verleitet mich immer wieder zu einem Stopp. Er ist gewaltig. Mit einer Fläche von zweiundachtzigtausend Quadratmetern ist beinahe vier mal so groß wie Hessen. Bei seinem Anblick scheint man auf ein Meer hinauszuschauen. Im Pukaskwa National Park lege ich einen weiteren Stopp ein. Er liegt am nordöstlichen Ufer des Sees und bietet einige schöne Trails entlang des Ufers. Noch am Abend mache ich mich auf den Weg um auf einem zweistündigen Weg einen ersten Eindruck zu bekommen. Anfangs laufe ich über Waldwege, von denen der erdige Geruch des Waldbodens aufsteigt. Dann steige ich über die vom Eis abgeschliffenen Granitfelsen immer höher. Der Weg ist mehr zu ahnen, als das er erkennbar ist, doch versetzt man sich in jemanden hinein, der einen Pfad durch dieses Landschaft finden soll, so wird schnell deutlich, dass die Möglichkeiten begrenzt sind und am Ende trifft man immer wieder an eine markante Marke. Der Blick am Ende des Trails ist umwerfend. Die Sonne steht flach über dem Wasser, das silbrig und im Takt eines schlagenden Herzens gegen das Ufer rollt.

Lake Superior, Pukaskwa National Park

Gegen das Licht erscheinen die Inseln schemenhaft. Immer wieder vergesse ich, dass dies nicht das Meer ist, wenngleich es das gleiche Gefühl, den gleichen Wunsch in mir weckt hinauszuziehen, die Weite zu erfahren, zu erforschen, was auf der anderen Seite ist. Nur eine Kleinigkeit fehlt, die den See vom Meer unterscheidet. Es ist der Geruch nach Salzwasser, nach Fisch und Tang.

In der Nacht regnet es und auch am Morgen legt sich der leise Nieselregen auf die Blätter des Waldes. Kurz kämpfe ich mit mir, ob ich tatsächlich zu einer weiteren Tagestour aufbrechen soll oder lieber weiterfahre. Doch dann gewinnt die Neugier. Noch einmal möchte ich in die Wälder und Sumpfgebiete, über Granitfelsen und Vulkangestein laufen und den Park mit den Füßen erleben. Feuer und Eis! Das ganze Gebiet des Lake Superior liegt in einer einst vulkanisch hoch aktiven Zone, bevor sich eine kilometerdicke Schicht aus Eis darüber legte und bis auf wenige Stellen die weicheren vulkanischen Gesteine abhobelte. Lange Riefen in den harmonisch ausgeschliffenen Felsen zeugen von der unglaublichen Kraft, mit der das Eis dieses Land formte.

Herbstbilder

Herbstbilder

Es ist kalt geworden. Die Temperaturen bleiben auch am Tag im einstelligen Bereich. Meine Heizung läuft nun deutlich öfter, länger und auf höherer Leistung. Dadurch steigt auch mein Treibstoffverbrauch ein wenig. Die schöne Seite der Kälte zeigt sich in der täglich zunehmenden Farbenpracht der Wälder. Anfangs war es Gelb der Birken und Espen nun kommt Orange hinzu und in den Baumwipfeln leuchten die ersten zarten Rottöne.

Ich kann mich nicht satt sehen. Alle paar Kilometer halte ich an und halte meinen Eindruck im Foto fest und kaum habe ich das Foto gemacht, erscheint mir an anderer Stelle eine noch buntere, noch prächtigere Farbpalette lohnenswerter und wieder halte ich an. So komme ich kaum voran. Die Sonne verleiht den Farben Kraft und Lebendigkeit.

Noch einmal macht die Natur mit ihrer Pracht auf sich aufmerksam, putzt sich noch einmal heraus, damit wir sie nicht vergessen, wenn sie sich in den nächsten Wochen ihrer Blätter befreit. Düster und grau wird sie sich in den langen und eisigen Winter verabschieden.

Auf meiner Weiterfahrt besuche ich unter Anderem auch das McMichael Museum in der die „Group of seven“, vergleichbar mit dem „Blauen Reiter“ in Deutschland, ihr Land auf unterschiedliche Art in Gemälden und Skizzen zu erfassen. Bei allen sieben Künstlern ist es stets der Herbst, der das charakteristischste Stimmungsbild ihrer Landschaften zeichnet.

Lawren P. Harris

So ist es kein Wunder, dass die Landesfahne Kanadas das schlichte rote Blatt des Ahorn in sich trägt.

Nirgendwo habe ich bisher leuchtendere Wälder gesehen, die ihre Kraft aus dem so vielfältigen Artenreichtum der Bäume und Pflanzen schöpft, die wir in Europa nicht mehr kennen.

Noch einmal Backcountry

Für den weiteren Verlauf der Strecke stehen mir diverse Alternativen offen. Ich kann den einfachen, den sicheren Weg nach Osten nehmen und meine Fahrt auf bekanntem Weg über den Highway siebzehn nach Südosten bis nach Thunder Bay fortsetzen. Oder ich zweige in dem Industrieort Dryden vom Highway siebzehn ab und nehme die Strecke über den Highway fünfhundertundzwei zunächst nach Süden und um dann auf dem Highway elf nach Osten und weiter nach Thunder Bay zu fahren. Ein Risiko, denn auf den zweihundert Kilometern die vor mir liegen gibt es weder eine Siedlung noch irgendwelchen technischen Support. Wie sich später zeigte, trifft dies für die gesamte Strecke zu. Mit diesem Wissen starte ich dennoch über die elf. Es ist spät als ich mich auf den Weg mache, denn ich erinnere mich an ein Restaurant in Kenora, die angeblich die besten Burger bereiten. Schon auf der Reise in den Norden kehrte ich hier ein, um meine Hochstimmung mit einem Cesar und einem Bier zu feiern. Nun ja, Geschmäcker sind unterschiedlich und meine Zunge hat ihre Geschmacksknospen tatsächlich schon mit weitaus besseren Burgern verwöhnt.

Meine App weist für den vor mir liegenden Routenabschnitt keinen Übernachtungsplatz aus und so beschließe ich ab fünf Uhr den nächsten mir geeignet erscheinenden Platz für die Nacht auszuwählen. Nach zwanzig Minuten Fahrt lasse ich die letzten Häuser Kenoras hinter mir und tauche ein in den Wald. Ich bin allein auf der Straße und so bleibt es heute während der gesamten Fahrt. Beste Voraussetzungen um den Tempomat auf die gewohnten achtzig Stundenkilometer zu setzen und es einfach laufen zu lassen. Das Wetter meint es wieder gut mit mir und die Sonne kleidet den Wald in Farben, die den kommenden Herbst und damit den prachtvollen Indian Summer ankündigen. Es sind die Birken und Espen, die bereits mit einem zarten Gelbton den Wechsel der Jahreszeit ankündigen. Links und rechts des Weges öffnet sich hin und wieder der Blick auf Sumpfland, sterbende Bäume und immer wieder Seen und Tümpel. Links vor mir taucht ein mächtiger Elch im Unterholz auf. Ich halte an, stelle den Motor ab, doch der Elch ist mistrauisch und zieht sich in den Wald zurück. Doch ich harre aus, ganz ruhig mit der Kamera im Anschlag. Richtig, da sehe ich ihn erneut aus dem Unterholz in Richtung Straße trotten. Welch ein kapitales Tier. Sein Geweih ist weit ausladend und er stellt sich vor mir in Pose bevor er der Meinung ist, ich hätte ihn jetzt lange genug bewundert. So trottet er gemächlich über die Straße und verschwindet auf der anderen Seit wieder im sumpfigen Wald.

Ich bemerke, dass die Sonne viel von ihrer Kraft verloren hat und hier im Schatten des Waldes nur schwer gegen die aufkommende Kälte ausrichten kann. Um kurz nach fünf Uhr beginne ich nach einem Nachtlager Ausschau zu halten und tatsächlich tut sich rechter Hand eine Zufahrt zu einem See auf. Es ist ein „Historic Site“ wie ich feststelle, ein Gedenkstein wurde zu Ehren der Fertigstellung des Manitou Highways errichtet und der Ort bietet mir, durch Bäume verborgen, einen ruhigen und sicheren Schlafplatz. Die Sonne senkt sich auf die Baumwipfel des Sees, der ruhig und unbewegt vor mir liegt. Ich werfe einen Stein ins Wasser und beobachte, wie die Spiegelungen der Bäume, des Himmels und der Wolken wie in einem Kaleidoskop in ständiger Bewegung sind. Außer dem sachten Plätschern der Wellen, die über die Steine rollen ist es ruhig. Nicht einmal ein Vogel stört diese Ruhe. Ich lasse meine Gedanken schweifen und dann sind da nicht einmal mehr Gedanken. Wie die Kreise im Wasser breiten sie sich aus, ziehen weiter und weiter um am Ende einfach wieder in der Ruhe des Sees zu verlaufen.

Mehr und mehr verstehe ich, wie die hier lebenden indigenen Bewohner der First Nations ihre enge Beziehung zur Natur, den Tieren, den Planzen und dem Wasser entwickelt haben. Hier kann ich nachempfinden, wie Ruhe und Frieden in die Seele Einzug halten. Wie sich das Gefühl in mir ausbreitet, eins zu sein mit meiner Umgebung. Ich bin ein Teil von alle dem. Eingehüllt in diese Ruhe habe finde ich in den Schlaf.

Der folgende Tag beginnt mit der nun schon routinehaften Vorbereitung auf die nächste Etappe.

Das Bettzeug an die frische Luft bringen, nun gehört bereits mein warmer Schlafsack dazu, meinen Wasserkessel befüllen, eine Hand voll Kaffee hinein und während der Kessel beruhigend vor sich hinsummt schiebe ich mein Bett zusammen, packe das Gepäck wieder an seinen Ort und nun gilt es aufzupassen, dass der Kaffee beim Aufkochen nicht aus dem Kessel quillt und ich die Sauerei aus meinem Kocher und von der Unterlage zu beseitigen habe. Nicht immer gelingt mir das. Wechselweise gibt es Brot, Toast mit Speck oder Toast mit Speck und Rührei und wenn es mal schnell gehen soll gibt’s Müsli. Heute fühle ich mich nach Rührei mit Käse und Toast.

Bevor ich meinen FidiBus wieder zum Leben erwecke, schaue ich noch einmal, dass er genügend Schmiere hat, drehe den Zündschlüssel zum Vorglühen dreimal, das hat sich bei Kälte bewehrt, und er dankt es mir mit einer kleinen Abgaswolke, die wie der Hauch in der Winterkälte davon kündet, das er bereit ist, mit mir in den neuen Reisetag aufzubrechen.

Ein paar Stunden später treffe ich wieder auf den Highway Nummer siebzehn. Die Einsamkeit habe ich verlassen

Menschenrechte

Heute habe ich mir also den Besuch des Canadian Museum Of Human Rights vorgenommen. Ein in jeder Hinsicht bemerkenswertes Museum. Ich erreiche das Museum am Morgen über ein weiteres Meisterwerk der Ingenieurkunst, die Luis-Riel-Fußgängerbrücke über den Red River. Leider ist der Pavilion in der Mitte der Brücke, an dem diese mit Oberschenkel-dicken Stahltrossen über eine hohen, schräg stehenden Mast aufgehängt ist, geschlossen. Covid hat überall seine Spuren hinterlassen, wie so viele geschlossene Restaurants und Cafés. Die Antwort auf die Frage nach dem Grund lautet fast immer gleich. „Covid!“

Luis-Riel-Brücke in Winnipeg

Schon von außen zieht mich das Museum durch seine außergewöhnliche Architektur in seienen Bann. Am Auffälligsten sind die ineinander verschachtelten Glasfassaden, die auf einem Kalksteinsockel fußen, der selbst wiederum wie die Wurzel einer überdimensionalen Zeder erscheint.

Museum of human Rights, Winnipeg, ON
Museum of Human Rights, Winnipeg, ON

Auf sieben Ebenen zeigt das Museum die unterschiedlichen Aspekte der allgemeinen Menschenrechte, wobei es vom Haupteingang im Sockel bis hinauf in die siebte Ebene von einer düsteren bis in die immer heller werdenden Ebenen geht. Jede Ebene ist ausschließlich über Rampen aus Alabaster zu erreichen, die von innen beleuchtet werden, oder aber über Fahstühle. Von den oberen Ebenen öffnet sich der Blick in die Büros der Verwaltung, die nach oben offen sind und untereinander sowie nach außen nur durch Glaswände und Fenster voneinander getrennt sind. Bei der Betrachtung der Alabasterrampen fühle ich mich ein wenig an das Treppenbild von Escher erinnert, auf deren Treppen man nicht eindeutig entscheiden kann, ob sie hinauf oder hinab führen.

Alabaster-Rampen im Canadian Museum of Human Rights

Die Ausstellung selbst widmet sich verschiedenen Themen. Sie beginnt mit einer Studie darüber, wie Vorurteile, oder Konditionierung einerseits von Nutzen sind um das Gehirn bei raschen Entscheidungen zu entlasten, andererseits aber die Gefahr in sich bergen, Dinge, Menschen und Situationen in „Kästchen“ zu ordnen und sie dann ohne Überprüfung auf Sinnhaftigkeit auf unterschiedliche Situationen anzuwenden. An einigen Versuchsaufbauten kann man dies bei sich selbst nachvollziehen. Rassismus als eine Folge von Vereinfachungen und Zuordnungen ohne Beweisführung. Weiter geht es über die historische Auslegung von unterschiedlichen Vorstellungen zu den, den Menschen zugehörigen Rechte und Pflichten, der Suche nach dem gemeinsamen Nenner und schließlich der Definition der allgemeinen Menschenrechte, wie sie heute in der Carta der UN definiert ist. Weiter geht es über die vielen Verletzungen dieser grundlegenden Rechte durch die Kolonialherrschaft, durch das dritte Reich, und viele weitere Menscherechtsverletzungen in der Geschichte der Menschheit, wobei Kanada dabei ganz aktuell auch den Gräueltaten der Residential Schools und der katholischen Kirche bei der „Umerziehung“ der First Nations große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Je höher ich mich hinaufarbeite – und es bedeutet wirklich Arbeit, wenn man sich mit der Geschichte der Menschenrechte befassen möchte – wird es immer heller, immer hoffnungsvoller. Positive Beispiele der Verwirklichung dieser Rechte gewinnen die Oberhand und sollen den Besuchern Hoffnung geben. Ich unterhalte mich im Anschluss an denn Besuch mit einer Angestellten des Museums und irgendwie scheint mir die Wirklichkeit gerade in eine ganz andere Richtung zu gehen. Die gewünschte Hoffnung mag sich bei mir nicht einstellen, ganz das Gegenteil geschieht. Ich werde traurig. Was ist mit dieser so wunderbaren Idee der allgemein, für jeden Menschen geltenden Grundrechte geworden? Überall auf der Welt werden sie mit Füßen getreten Menschenrechte werden, ganz vereinfacht ausgedrückt, dem Streben nach Macht weniger mit Füßen getreten. Einschüchterung, Gewalt, Ausgrenzung und der komplette Entzug dieser Rechte ist in vielen autokratisch geführten Ländern dieser Welt zum Werkzeug und zur Waffe verkommen. An aktuellen Beispielen mangelt es zur Zeit ganz und gar nicht.

Beinahe fünf Stunden brachte ich in dem Museum zu, dass ich nur jedem Besucher Winnipegs ans Herz legen kann. Doch nun bin ich erschöpft und dies nicht nur körperlich. Die Stadt bietet viele weitere kulturelle Höhepunkte, doch ich kann mich nicht dazu entschließen, auch diese noch zu besuchen. So muss es damit getan sein, dass ich sie mir in einer Sightseeing-Tour bei meiner Weiterfahr anschaue, damit ich wenigstens einen äußeren Eindruck gewinne.

Es ist die Hauptverkehrszeit und alle Welt scheint aus der Stadt hinauszuströmen. Lange Schlangen und zähes Stopp and Go sind ermüdend, doch ich möchte es heute noch bis Kenora am Lake of the Woods schaffen und als ich dann endlich im Dunkeln meinen Platz für die Nacht gefunden habe, zieht mich nur noch ein Gedanke in die Stadt. Ein kaltes Bier in Gesellschaft. Im Boatshouse, dem einzigen Pub, der nach neun Uhr noch geöffnet hat, finde ich wonach ich suchte. Es ist laut und die Menschen sind bester Stimmung. Die „Blauen“ haben beim Football gewonnen, wer immer die „Blauen“ sind. Ich freue mich einfach mit und schon bin ich in einer fröhlichen Runde und ehe ich mich versehe, ist auch schon wieder Sperrstunde. Dreiundzwanzig Uhr werden in Kanada die Boardwalks hochkant gestellt und das Licht verlöscht auf den Straßen. Glücklicherweise habe ich meine Stirnlampe dabei und finde problemlos zu meinem FidiBus, dessen Heizungsautomatik seit einer Stunde gegen die zwei Grad Celsius erfolgreich angeheizt hat. Ich schnappe mir meinen Reader, aber lese keine Zeile. Stattdessen zieht der Tag noch einmal an mir vorüber. Hier in Kenora schließt sich erstmals der Kreis meines Roadtripps. Hier rastete ich bereits im Juni auf meiner Reise nach Norden. Doch morgen schon werde ich die bekannte Route verlassen und immer an der Grenze, aber mit ausreichend Abstand zu den USA eine südliche Route nach Thunder Bay einschlagen.

Straßen-Randbemerkungen

Im weiteren Verlauf meiner Reise konnte ich mich langsam wieder an Kurven gewöhnen. Es gab die eine oder andere und glücklicherweise wird hier auch die kleinste Abweichung von der Geraden mit einem Hinweisschild rechtzeitig angezeigt. Irgendwann überfuhr ich die Grenze von Saskatchewan nach Manitoba und der auffälligste Unterschied zu Sasketchewan sind hunderte von Ölpumpen, die überall in den Feldern stehen.

Ich weiß nicht, ob ich es bereits erwähnte, aber Kanada ein Land mit reichen Ölfeldern besitzt nur eine einzige Raffinerie für die Produktion von Treibstoffen wie Benzin und Diesel und die steht in der Provinz Ontario. Das hier geförderte Öl wird über lange und teils marode Pipelines in die USA gepumpt, dort raffiniert und kommt dann als Benzin, Diesel, Kerosin u.s.w. zurück. Die kanadischen Raffinerien, die das eigene Öl weiterverarbeiten, rffinieren es zu chemischen Vorprodukten und Asphalt. Das ärgert die Menschen hier im Lande, denn nach ihrer Meinung verteuert es die Energiekosten deutlich. Ich denke jedoch, dass zur Zeit niemand in die hohen Kosten einer Raffinerie-Infrastruktur investieren möchte, die letztendlich ebenfalls die Kosten für Benzin und Diesel in die Höhe treiben würden. Erschwerend kommt hinzu, dass langfristige Vertraäge mit den USA eine zeitnahe Umstellung so gut wie unmöglich machen*.

Immerhin fließen achtundvierzig Prozent des Rohöls durch die Pipeline in die einzige kanadische Raffinerie. Diese Pipeline ist jedoch uralt und genauso marode wie die Pipelines in die USA. Lecks flickte man, indem man sie einfach mit Beton ummantelte. Ein Bruch dieser Pipeline würde die Energieversorgung Kanadas empfindlich treffen und obendrein einen unbezifferbaren Schaden für die Umwelt bedeuten. Präventive Maßnahmen sind bisher nicht geplant oder sie sind den Menschen, mit denen ich darüber sprechen konnte nicht bekannt.

Es ist heute der siebenundzwanzigste November und ich plane am Abend in Winnipeg zu sein. Die Landschaft wird einerseits wieder ein wenig abwechslungsreicher. Neben den endlosen Feldern gibt es nun vermehrt wieder kleiner Wälder. Am Horizont sehe ich eine dunkle Rauchwolke, die den Himmel verdeckt. Unmöglich kann dies ein Waldbrand sein, dafür hat es hier in den letzten Tagen zu viel Regen gegeben, von dem ich glücklicherweise nichts abbekam. Der Himmel verfinstert sich derartig, dass mitten am Tag Abendstimmung herrschte. Der Brandgeruch wird beißend, und dann wird mir die Ursache schnell klar. Links und rechts des Highways brennen die abgeernteten Felder. Ich sehe Landarbeiter mit Flammenwerfern, die die Stoppelfelder niederbrennen. Ich kann es kaum fassen. Mittlerweilen gibt es so einiges, dass mich in Erstaunen versetzt, für ein Land, dass so oft als Vorbild für den Umweltschutz genannt wird. Unmengen an Einwegartikeln, eine Verpackungswut, die Ihresgleichen sucht und riesige Verpackungseinheiten für Lebensmittel provozieren es geradezu, dass große Mengen davon im Müll landen.Es ist schwer nur eeine Hähnchenbrust zu kaufen, in der Packung sind mindestens vier, ich kann nicht ein Steak kaufen, in der Packung sind vier. Bratwürste oder Grillgut ist offensichtlich für größere Grillpartys ausgelegt und eine Fleischtheke, wo man sich das Fleisch aussuchen und nach Bedarf, auch für einen einzelnen reisenden älteren Herren zuschneiden und abwiegen lässt, ist nur in den wirklich großen Einkaufszentren zu finden. Eine Metzgerei habe ich bisher nur sehr, sehr selten gefunden. Dafür braucht man den Tipp eines erfahrenen Kanadiers und darf, was Entfernung anbelangt, nicht allzu zimperlich sein. Wie dem auch sein, am Abend bin ich kurz vor Einbruch der Dunkelheit in Winnipeg und finde einen Schlafplatz auf dem riesigen Parkplatz vor dem Fort Gibraltar. Zwei weitere Autos mit Übernachtungsgästen parken in respektvollem Abstand und ihre „Bewohner“ richten sich ebenfalls für die Nacht ein.

Der kommende Tag soll dem Museum of Human Rights gewidmet werden. Also dann, bis morgen!

*Dies ist meine Einschätzung und ist nicht durch Fakten/Zahlen belegt.

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