Reiste ich bisher in der Horizontalen über die Oberfläche dieses riesigen Landes, so möchte ich mich nun auch in der Vertikalen reisen. Fünfundsiebzig Millionen Jahre, bis in die Tiefe der Kreidezeit dringe ich nun im Dinosaur Provincial Park ein. Dieser Park ist ein Weltkulturerbe Kanadas und da ich mich zwischenzeitlich an die Superlative gewöhnt habe, so verwundert es mich nicht, dass dieser Park das größte Badland Kanadas ist. Ein Ort, der im Sommer leicht die fünzig Grad Celsius-Marke überschreitet, und der wegen seiner unwegsamen Landschaft das „schlechte Land ist, dass man besser nicht betritt. So war es jedenfalls noch vor etwas mehr als zweihundert Jahren. Ich lasse mich überraschen.

Zunächst einmal fahre ich auf dem Highway #1 bis nach Lethbridge und bieg dann auf weniger befahrene Straßen nach Norden.

Ein letzter Blick auf die Berge der Rockies

Die Fahrt ist langweilig und bietet keinerlei Höhepunkte und so beende ich den Tag in Picture Butte, einem kleinen Nest mit einer Recreation Area, wo ich übernachten kann. Es riecht nach Landwirtschaft und das kommt mir dann doch sehr vertraut vor. Die Nacht wird kalt und so verziehe ich mich schon früh in meinen Schlafsack, in dem ich mich frostsicher verpacke. Als ich gegen Morgen aufwache zeigt das Thermometer minus vier Grad. Also krieche ich schnell wieder in die Wärme und schlafe noch eine Runde. Die Heizung habe ich auf sieben Uhr dreißig programmiert und früher komme ich nicht aus meinem Schlafsack hervor. Mit dem Frühstück lasse ich mir Zeit. Bis zu dem Dinosaur Provincial Park sind es nur drei Stunden Fahrt. Vor mir liegen Getreidefelder in einer Größe, wie ich sie noch nie gesehen habe. Das Land ist flach wie ein Topfboden und bis zum Horizont versperrt kein Hindernis die Sicht. Ein Blick aufs Navi zeigt mir, dass es auf der gesamten Strecke keine Tankstelle gibt, doch für dreihundert Kilometer habe ich noch Diese im Tank und weitere zweihundert Kilometer im Reservekanister. Die Badlands beginnen. Die Felder sind verschwunden und an ihre Stelle tritt die Weite der Prairie. Es ist einerseits trostlos und dennoch kann ich mich andererseits von dem Anblick dieser Weite nicht losreißen. Mitten in dieser Graslandschaft nicken die Ölpumpen tagein tagaus und pumpen das schwarze Gold und Gas aus der Erde. Es muss mörderisch sein, wenn hier im Sommer die Temperaturen auf bis zu fünfzig Grad steigen. Mitten in dieser Landschaft taucht völlig unvermittelt und allein auf weiter Flur eine Tankstelle auf. Sie wirbt mit kühlem Bier, Lebensmitteln und Kaffee und, wer hätte es gedacht, mit Benzin und Diesel. Es ist die Gelegenheit noch einmal vollzutanken. Siebzig Liter Diesel für einhundertachtzehn Dollar. Hier in Alberta sind Benzin und Diesel am billigsten in ganz Kanada und das muss ich ausnutzen. Um drei Uhr erreiche ich den Nationalpark und das Bild, dass sich mir bietet ist umwerfend. Tief eingeschnitten in die glazialen Sedimente hat sich das Wasser der Gletscher beim Abtauen seinen Weg gesucht. Eine dichte Wald- und Auenlandschaft hat einst den Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen gebildet. Ich fühle mich in einer völlig fremden Welt. Vergraben in den einstigen Flussschlämmen liege die Knochen der Dinosaurier und anderer Fossilien. Es sind so viele, dass man kaum einen Schritt tun kann, ohne darauf zu treten. Fünfundsiebzig Millionen Jahre liegen unter mir. Es ist die größte bekannte Fundstelle für diese Fossilien und ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Mir wird klar, dass ein Tag nicht reichen wird, um diesen besonderen Ort zu erleben.

Auf dem Parkplatz hält neben mir hält ein weißer VW T4 TDI, ein Geschwisterchen?. Natürlich kommen wir schnell über dieses großartige Fahrzeug ins Gespräch und Tom berichtet mir, dass das Auto ein lautes Geräusch von sich gibt, dass ihn sehr beunruhigt. Er bittet mich mit dem Auto ein wenig zu fahren um das Geräusch zuzuordnen und schnell ist klar, dass das vordere linke Radlager defekt ist. Das Ersatzteil kann Tom telefonisch in Calgary bestellen, aber eine Werkstatt, die den Schaden zeitnahe beheben kann findet er nicht und ohne das passende Werkzeug kann auch ich ihm nicht helfen. Ohnehin liegt Calgary nun gar nicht auf meinem Weg.

Im der Touristeninformation buche ich mir für morgen eine geführte Tour durch den Park und mache mich auch heute schon mal auf die Socken und wandere durch diese bizarr geformte Landschaft. Es gibt hier Unmengen von Klapperschlangen, Skorpione und Spinnen, die alle nur allzu gern ihr Gift versprühen. Doch nein, für die Schlangen ist es bereits zu kalt. Sie liegen unbeweglich in ihren Höhlen und warten auf das nächste Frühjahr. Festes Schuhwerk ist

Als sei ich in der Wüste Afrikas. Die Badlands des Dinosaur Provincial Parks /Ab

Pflicht. Da ich morgen sehr früh für die geführte Tour am Treffpunkt sein muss, beschließe ich auf dem Campsite des Parks zu bleiben, der zwar teuer ist, dafür spare ich mir für morgen vierzig Kilometer Anfahrt von meinem geplanten Camp, habe dafür aber eine Dusche und eine Waschmaschine. Ja also, dann bis morgen!