Als nächstes steht auf meinem Plan ein Besuch bei Heidruns Cousine Mayken. Sie lebt nahe Toronto in Listowel, doch bis dahin habe ich noch drei Tage Fahrt vor mir. Von Thunder Bay aus starte ich recht früh. Die Fahrt entlang am Ufer des Lake Superior verleitet mich immer wieder zu einem Stopp. Er ist gewaltig. Mit einer Fläche von zweiundachtzigtausend Quadratmetern ist beinahe vier mal so groß wie Hessen. Bei seinem Anblick scheint man auf ein Meer hinauszuschauen. Im Pukaskwa National Park lege ich einen weiteren Stopp ein. Er liegt am nordöstlichen Ufer des Sees und bietet einige schöne Trails entlang des Ufers. Noch am Abend mache ich mich auf den Weg um auf einem zweistündigen Weg einen ersten Eindruck zu bekommen. Anfangs laufe ich über Waldwege, von denen der erdige Geruch des Waldbodens aufsteigt. Dann steige ich über die vom Eis abgeschliffenen Granitfelsen immer höher. Der Weg ist mehr zu ahnen, als das er erkennbar ist, doch versetzt man sich in jemanden hinein, der einen Pfad durch dieses Landschaft finden soll, so wird schnell deutlich, dass die Möglichkeiten begrenzt sind und am Ende trifft man immer wieder an eine markante Marke. Der Blick am Ende des Trails ist umwerfend. Die Sonne steht flach über dem Wasser, das silbrig und im Takt eines schlagenden Herzens gegen das Ufer rollt.

Lake Superior, Pukaskwa National Park

Gegen das Licht erscheinen die Inseln schemenhaft. Immer wieder vergesse ich, dass dies nicht das Meer ist, wenngleich es das gleiche Gefühl, den gleichen Wunsch in mir weckt hinauszuziehen, die Weite zu erfahren, zu erforschen, was auf der anderen Seite ist. Nur eine Kleinigkeit fehlt, die den See vom Meer unterscheidet. Es ist der Geruch nach Salzwasser, nach Fisch und Tang.

In der Nacht regnet es und auch am Morgen legt sich der leise Nieselregen auf die Blätter des Waldes. Kurz kämpfe ich mit mir, ob ich tatsächlich zu einer weiteren Tagestour aufbrechen soll oder lieber weiterfahre. Doch dann gewinnt die Neugier. Noch einmal möchte ich in die Wälder und Sumpfgebiete, über Granitfelsen und Vulkangestein laufen und den Park mit den Füßen erleben. Feuer und Eis! Das ganze Gebiet des Lake Superior liegt in einer einst vulkanisch hoch aktiven Zone, bevor sich eine kilometerdicke Schicht aus Eis darüber legte und bis auf wenige Stellen die weicheren vulkanischen Gesteine abhobelte. Lange Riefen in den harmonisch ausgeschliffenen Felsen zeugen von der unglaublichen Kraft, mit der das Eis dieses Land formte.